Neuer UNICEF-Bericht: Kinder in einer digitalen Welt

Zürich/New York/Genf, 11.12.2017 – Heute hat UNICEF den Bericht «State of the World’s Children» publiziert. Der neue Bericht befasst sich mit der digitalen Kluft in Bezug auf den Online-Zugang und untersucht die aktuelle Fragestellung über die Auswirkungen des Internets und der sozialen Medien auf die Sicherheit und das Wohlergehen von Kindern. UNICEF fordert, dass Kinder vor Gefahren geschützt werden müssen. Der bezahlbare Zugang zu qualitativ hochwertigen Online-Angeboten muss für Kinder erleichtert und gefördert werden, so dass auch die am stärksten Benachteiligten vom Fortschritt und der Kraft des digitalen Zeitalters profitieren können.

Trotz der starken Online-Präsenz von Kindern – weltweit ist einer von drei Internet-Nutzern ein Kind oder Jugendlicher unter 18 Jahren – wird zu wenig getan, um sie vor den Gefahren der digitalen Welt zu schützen und ihren Zugang zu sicheren und qualitativ hochwertigen Online-Inhalten zu stärken.  

Wie die digitale Technologie sich auf Kinder auswirkt: Chancen und Gefahren

Mit dem Bericht «Zur Situation der Kinder in der Welt 2017: Kinder in einer digitalen Welt» präsentiert UNICEF erstmals eine flächendeckende Betrachtung der Fragestellung, wie die digitale Technologie sich auf Kinder und ihre Lebenschancen auswirkt und identifiziert sowohl Chancen wie auch Gefahren. Der Bericht legt dar, dass weder die Regierungen noch der private Sektor mit dem Tempo des Wandels mitgehalten und Kinder so neuen Risiken und Gefahren ausgesetzt haben sowie Millionen der am stärksten benachteiligten Kinder aussen vorgelassen wurden.

«Die digitale Technologie mit all ihren Vor- und Nachteilen ist eine irreversible Tatsache der heutigen Zeit», so UNICEF Direktor Anthony Lake. «In dieser digitalen Welt haben wir die zweifache Herausforderung, die Gefahren für Kinder einerseits zu minimieren und gleichzeitig den Nutzen des Internets für jedes Kind zu maximieren.»

Der Bericht untersucht den Nutzen, den die digitale Technologie den am stärksten benachteiligten Kindern bieten kann – einschliesslich denen, die in Armut aufwachsen oder von humanitären Katastrophen betroffen sind. Digitale Technologien eröffnen Kindern Chancen für Lernen und Bildung, sie ermöglichen ihnen, den Zugang zu Informationen zu verbessern. Sie können zudem Jobchancen für junge Menschen verbessern, indem sie Trainingsmöglichkeiten zugänglich machen und bei der Arbeitssuche helfen und sie lassen neue Arten der Arbeit entstehen. Nicht zuletzt geben sie ihnen eine Plattform, um sich zu vernetzen und ihre Ansichten mitzuteilen. Aber der Bericht zeigt auch, dass Millionen von Kindern von diesem Fortschritt nicht profitieren können und eine digitale Kluft besteht. Rund ein Drittel der Jugend weltweit – 346 Millionen – haben keinen Online-Zugang. Dies verschärft bestehende Ungleichheiten und schmälert die Fähigkeit dieser Kinder, sich in einer zunehmend digitalen Wirtschaft einzubringen und teilzuhaben. Sie wachsen heute in einer Welt auf, die von Tech-nik und Information getrieben ist. Wenn sie daran nicht teilhaben können, bleiben ihnen viele Lernmöglichkeiten und Informationen vorenthalten.

Der Bericht analysiert auch, wie das Internet die Anfälligkeit der Kinder für Risiken und Gefahren erhöht wie zum Beispiel den Missbrauch von privater Information, den Zugang zu schädlichen Inhalten und Cybermobbing. Die allgegenwertige Präsenz von Mobilgeräten hat den Internetzugang für viele Kinder unkontrollierter und potenziell auch gefährlicher gemacht. Zudem ermöglichen digitale Netzwerke wie das Darknet und virtuelle Währungen die schlimmsten Formen von Ausbeutung und Missbrauch, beispielsweise Kinderhandel, und ermöglicht neue Formen wie die kommerzielle Verbreitung von Missbrauchsbildern oder Live-Streamings von sexuellem Missbrauch von Kindern.

Der Bericht liefert aktuelle Zahlen und Analysen der Online-Nutzung und der Auswirkungen der digitalen Technologie auf das Wohlergehen von Kindern und befasst sich mit der zuneh-menden Debatte um digitale «Abhängigkeit» und die möglichen Folgen der online verbrachten Zeit auf die Entwicklung des kindlichen Gehirns.

Weitere Fakten aus dem Bericht

  • Junge Menschen sind die am besten vernetzte Altersgruppe. Weltweit sind bereits 71 Prozent der 15 bis 24-Jährigen online – gegenüber 48 Prozent der gesamten Weltbevölkerung
  • Afrikanische Jugendliche sind am wenigsten vernetzt mit rund 3 von 5 Jugendlichen oder 60 Prozent die offline sind – gegenüber 1 von 25 in Europa (vier Prozent).
  • Die digitale Kluft spiegelt wirtschaftliche Ungleichheiten: Kinder aus wohlhabenden Familien können die Chancen des Internet besser nutzen – während sie benachteiligten Kindern oft vorenthalten bleiben. Es gibt auch eine Geschlechterkluft bei der Digitalisierung: Weltweit sind zwölf Prozent mehr Männer im Internet als Frauen.
  • Ungefähr 56 Prozent aller Webseiten sind Englisch und viele Kinder können keine Inhalte finden, die sie verstehen oder die für sie kulturell relevant sind. Vielen fehlen auch das Wissen und die technischen Geräte, um das Internet wirklich nutzen zu können.
  • 92% der über 57'000 von der Internet Watch Foundation identifizierten Internetseiten mit kinderpornografischen Inhalten, waren 2016 in fünf Ländern ansässig: in Frankreich, Kanada, den Niederlanden, Russland und in den USA.
  • Massnahmen, um die die Kraft des digitalen Zeitalters für alle Kinder zu erschliessen

Um für alle Kinder dieselben digitalen Voraussetzungen zu schaffen und die digitale Welt sicherer zu machen, ruft UNICEF Regierungen, den Technologie- und Telekommunikationssektor dazu auf, den Kinderschutz im Netz und die Erweiterung des Internetzugangs zu einer Priorität zu machen. Nur ein gemeinsames Handeln – der Regierungen, des privaten Sektors, der Kinderorganisationen, der Hochschulen, Familien und der Kinder selbst – kann den digitalen Raum für Kinder zugänglicher und sicherer machen, so das Fazit des Berichts.

Der Bericht schlägt sechs praktische Empfehlungen vor, um politische Strategien zugunsten der Kinder effektiver und Geschäftspraktiken verantwortungsvoller zu gestalten.

  • Zahlbaren Zugang zu qualitativ hochwertigen Online-Angeboten für alle Kinder sicherstellen
  • Kinder müssen vor Gefahren im Internet geschützt werden – diese Gefahren beinhalten Missbrauch, Ausbeutung, Kinderhandel, Cybermobbing und die Einsicht von für Kinder ungeeigneten Materialien.
  • Die Privatsphäre und die Identität von Kindern müssen auch online geschützt werden.
  • Die digitalen Kompetenzen von Kindern müssen ebenso geschult werden wie lesen, schreiben und rechnen, um Kinder online informiert, engagiert und sicher zu halten.
  • Der private Sektor soll seinen Einfluss und seine Macht geltend machen und so ethische Standards und Geschäftspraktiken vorantreiben, die Kinder online Schutz bieten und ihnen einen Nutzen bringen.
  • Die Interessen der Kinder müssen ins Zentrum der politischen Bestrebungen im Bereich Digitalisierung gerückt werden. Kinder gehören ins Zentrum einer Digital-Politik.

«Das Internet wurde für Erwachsene konzipiert, aber es wird zunehmend von Kindern und Jugendlichen genutzt – und die digitale Technologie wirkt sich auch zunehmend auf ihr Leben und ihre Zukunft aus. Daher müssen digitale Lösungen und Produkte sowie auch politische Bestrebungen im Bereich Digitalisierung immer auch die Bedürfnisse, Perspektiven und Stimmen der Kinder reflektieren.» so Anthony Lake.
 
» Report «State of the World’s Children» (englisch)
» Zusammenfassung (englisch)

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Charlotte Schweizer
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