Gemeinsames Statement des stellvertretenden UNICEF-Exekutivdirektors Ted Chaiban und des stellvertretenden WFP-Exekutivdirektors Carl Skau.
«Während unseres dreitägigen Besuchs im Libanon wurden wir Zeugen der Verwüstung und konnten die Angst und Unsicherheit der Menschen spüren. Solange ihr Land unter Beschuss steht, bleibt die Zukunft für sie ungewiss. Der Krieg im Libanon, den die Weltgemeinschaft vermeiden wollte, findet statt und hat bereits jetzt eine Katastrophe ausgelöst.
Wir haben Notunterkünfte und behelfsmässige Zeltlager besucht, mit betroffenen Menschen in den Gemeinden gesprochen und Gespräche mit Regierungsvertretenden und Partnern aus der Zivilgesellschaft geführt, die rund um die Uhr daran arbeiten, die Bedarfe der Menschen abzudecken. Jede Person hatte eine Geschichte – eine Geschichte von Vertreibung und vielfältigen Herausforderungen. Wir besuchten auch den Masnaa-Checkpoint, über den Hunderttausende die Grenze nach Syrien überquert haben, was die humanitäre Hilfe noch komplexer macht.
Familien leben unter gefährlichen Bedingungen. Und mit der Verschärfung des Konflikts nimmt auch die psychische Belastung der Bevölkerung zu, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen. Fast jedes Kind im Libanon ist in irgendeiner Weise betroffen. Viele wurden Opfer von Angriffen, haben Angehörige und ihr Zuhause verloren, und können nicht mehr zur Schule gehen. Sie stehen vor einer ungewissen Zukunft, in der ihnen möglicherweise noch grössere Armut droht.
Rund 1,2 Millionen Menschen sind betroffen, mit erheblichen Auswirkungen, insbesondere auf besonderes verletzliche Gemeinden. Nahezu 190 000 Vertriebene suchen derzeit in über 1000 Einrichtungen Zuflucht, während Hunderttausende weitere bei Familie und Freunden Schutz suchen.
UNICEF und WFP arbeiten Hand in Hand, um im gesamten Libanon lebenswichtige Hilfe zu leisten. WFP stellt an strategischen Orten Nahrungsmittel zur Verfügung. Rund 200 000 Menschen erhalten dadurch täglich verzehrfertige Lebensmittel und Bargeld. Gemeinsam mit den zuständigen Behörden und Partnern stellt UNICEF lebenswichtige Hilfe für Familien und Kinder bereit – medizinische Grundversorgung, Wasser- und Hygienesets, Matratzen und Decken – und unterstützt psychosoziale Massnahmen für Kinder in den Notunterkünften.
Wir haben eine bemerkenswerte Solidarität unter den Menschen im Libanon erlebt, die sich in diesen schwierigen Zeiten gegenseitig unterstützen. Durch das Ausmass der Not, gepaart mit bereits bestehenden Herausforderungen und der Auslastung sozialer Dienste, steht das soziale Gefüge jedoch unter Druck. Dies muss im Hinblick auf humanitäre Hilfsmassnahmen berücksichtigt werden, unter anderem indem aufnehmende Gemeinden unterstützt und ihre Sorgen berücksichtigt werden.
Die Stimmen der Familien vor Ort spiegeln unsere Sorgen wider: Sie fühlen sich weiterhin nicht sicher, auch wenn sie vor der unmittelbaren Gefahr geflohen sind. Eltern sorgen sich um die Sicherheit ihrer Kinder, auch in den Notunterkünften. Kinder brauchen Schutz, so wie es das humanitäre Völkerrecht vorschreibt.
Das humanitäre Völkerrecht muss geachtet werden. Alle Parteien müssen dem Schutz der Zivilbevölkerung und der zivilen Infrastruktur Vorrang einräumen. Dazu gehören der Schutz von Schulen, Krankenhäusern und Wasserversorgungssystemen. Die sichere Flucht aus den Konfliktgebieten muss gewährleistet werden. Kein Kind sollte dem unterschiedslosen Einsatz von Explosivwaffen in Wohngebieten ausgesetzt sein. Und all diejenigen, die versuchen, sie mit lebensrettender Hilfe zu erreichen, sollten ebenfalls geschützt werden.
Als Hilfsorganisationen bereiten wir uns auf die Tatsache vor, dass die Bedarfe zunehmen. Während wir humanitäre Hilfe leisten, ist es von entscheidender Bedeutung, dass Unterstützung mobilisiert wird, um eine Ausweitung der Hilfe zu ermöglichen. Wir brauchen zusätzliche flexibel einsetzbare Mittel. Wir fordern die internationale Gemeinschaft auf, diese Bemühungen zu unterstützen und dazu beizutragen, dass Häfen und Versorgungswege geöffnet bleiben. Wir appellieren an die Konfliktparteien, dafür zu sorgen, dass diese Wege geschützt werden, um den ungehinderten Zugang zu humanitärer Hilfe zu ermöglichen.
Mehr als alles andere brauchen die Kinder und Familien im Libanon ein Ende des Krieges. Sie müssen vor Gewalt geschützt werden, die Versorgung mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen muss gewährleistet sein, und eine weitere Verschlechterung der Lage muss verhindert werden. Ein Waffenstillstand ist dringend notwendig.»