Im Sudan wurden in den letzten 52 Tagen mehr Kinder vertrieben als in den vergangenen vier Jahren zusammen. UNICEF warnt, dass ohne Frieden die Zukunft der Kinder im Sudan auf dem Spiel steht.
Seit dem Ausbruch des Konflikts im Sudan vor vier Monaten wurden mindestens zwei Millionen Kinder aus ihrer Heimat vertrieben – das sind durchschnittlich mehr als 700 Kinder pro Stunde. Während die Gewalt im Land weiter wütet, sind schätzungsweise 1,7 Millionen Kinder innerhalb der sudanesischen Grenzen auf der Flucht, und mehr als 470.000 haben die Grenze zu den Nachbarländern überquert.
«Angesichts von mehr als zwei Millionen Kindern, die in nur wenigen Monaten durch den Konflikt vertrieben wurden, und zahllosen weiteren, die in einer erbarmungslosen Situation gefangen sind, kann die Dringlichkeit unserer kollektiven Reaktion gar nicht hoch genug eingeschätzt werden», sagte Mandeep O'Brien, UNICEF-Länderbeauftragter im Sudan. «Wir hören unvorstellbare Geschichten von Kindern und Familien, von denen einige alles verloren haben und mit ansehen mussten, wie ihre Angehörigen vor ihren Augen starben. Wir haben es schon einmal gesagt, und wir sagen es erneut: Wir brauchen jetzt Frieden, damit die Kinder überleben können.»
Gegenwärtig benötigen fast 14 Millionen Kinder dringend humanitäre Hilfe. Viele von ihnen sind täglich vielfältigen Bedrohungen und schrecklichen Erfahrungen ausgesetzt. Abgesehen von Konfliktherden wie Darfur und Khartum haben sich die schweren Kämpfe inzwischen auch auf andere bewohnte Gebiete ausgeweitet, unter anderem in Süd- und Westkordofan, wodurch die Bereitstellung lebensrettender Dienste und der Zugang für die dringend Hilfsbedürftigen eingeschränkt werden.
Schätzungen zufolge werden zwischen Juli und September 2023 20,3 Millionen Menschen im Sudan von Ernährungsunsicherheit betroffen sein – mindestens die Hälfte davon Kinder.
Mit dem Beginn der Regenzeit wurden viele Häuser durch Überschwemmungen zerstört, was dazu führte, dass immer mehr Familien gezwungen waren, ihr Zuhause zu verlassen. Zudem steigt das Krankheitsrisiko wie Cholera, Dengue, Rifttalfieber und Chikungunya-Fieber während der Regenzeit deutlich an. Derzeit haben mehr als 9,4 Millionen Kinder im Sudan keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und 3,4 Millionen Kinder unter fünf Jahren sind stark gefährdet, an Durchfallerkrankungen und Cholera zu erkranken.
Die Gewalt behindert nach wie vor die Bereitstellung von Gesundheits- und Ernährungsdiensten, wodurch Millionen Kinder gefährdet sind. In Khartum sowie in den Regionen Darfur und Kordofan sind weniger als ein Drittel der Gesundheitseinrichtungen voll funktionsfähig. Unsicherheit und Vertreibung hindern Patienten und medizinisches Personal daran, Krankenhäuser zu erreichen, und viele Einrichtungen wurden Berichten zufolge angegriffen und zerstört.
Die Gesundheitssysteme in den anderen elf Bundesstaaten sind aufgrund der massiven Vertreibung der Bevölkerung aus den Krisengebieten in die weniger betroffenen Bundesstaaten überfordert. Nach Angaben von UNICEF berichten alle Regionen des Sudan über einen erheblichen Mangel an Medikamenten, einschliesslich lebensrettender Hilfsgüter und Versorgungsengpässe.
In Gebieten, in denen es viele Binnenvertriebene gibt und in denen die Gesundheitssysteme überlastet sind - wie in den Staaten des Blauen und Weissen Nils - häufen sich die Krankheitsausbrüche, darunter auch Masern, mit entsprechenden Todesfällen.
Die tödliche Kombination von Masern und Mangelernährung gefährdet das Leben von Kindern in hohem Masse, wenn nicht umgehend Massnahmen ergriffen werden. Da der Konflikt das Land weiterhin verwüstet, besteht für fast 700. 000 Kinder mit schwerer akuter Mangelernährung ein hohes Risiko, dass sie ohne Behandlung nicht überleben. 1,7 Millionen Babys laufen Gefahr, wichtige lebensrettende Impfungen zu verpassen, und eine ganze Generation von Kindern droht keine Schulbildung zu erhalten.
In den letzten vier Monaten hat UNICEF mehr als vier Millionen Kindern, Müttern und Familien im Sudan Gesundheits-, Ernährungs-, Wasser-, Sanitär- und Hygienedienste (WASH) sowie Bildung und Schutz bereitgestellt. In den nächsten 100 Tagen benötigt UNICEF dringend 400 Millionen US-Dollar, um seine Krisenmassnahmen aufrechtzuerhalten und auszuweiten und die am stärksten gefährdeten Kinder zu unterstützen.
UNICEF appelliert weiterhin an alle Konfliktparteien, die Sicherheit und das Wohlergehen der Kinder in den Vordergrund zu stellen, ihren Schutz zu gewährleisten und den ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe in die betroffenen Gebiete zu ermöglichen. Lebensrettende, humanitäre Hilfe muss unverzüglich geleistet werden, um die Rechte von Millionen gefährdeter Kinder zu schützen und zu wahren.