Angesichts der anhaltenden gewalttätigen Auseinandersetzungen im Sudan warnen UNICEF, World Vision und Save the Children vor den schwerwiegenden Folgen für Kinder, wenn der derzeitige Waffenstillstand nicht von allen Parteien eingehalten wird. Millionen gefährdeter Mädchen und Buben benötigen sofortige humanitäre Hilfe.
Berichten zufolge wurden bei den Kämpfen, die am 15. April 2023 ausbrachen, mindestens neun Kinder getötet und mehr als 50 verletzt. Die Feindseligkeiten führen dazu, dass immer mehr Kinder und ihre Familien auf der Suche nach Schutz ihr Häuser verlassen.
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation ist die Gesundheitsversorgung durch die anhaltenden Konflikte stark beeinträchtigt: Ein Drittel der sudanesischen Gesundheitseinrichtungen ist nicht mehr funktionsfähig. Kinder und ihren Familien fehlt der Zugang zu lebenswichtiger medizinischer Versorgung. Die Kühlkette, über die Impfstoffe aufbewahrt werden, wurde durch die ständigen Strom- und Treibstoffausfälle teilweise unterbrochen. Dadurch wird das Leben von Millionen von Kindern einem Lande gefährdet, in dem die Impfraten ohnehin bereits gesunken sind und in dem regelmässig Krankheiten ausbrechen. Millionen von Kinder, die nicht oder nur unzureichend geimpft sind, werden lebensrettende Impfungen verpassen. Das erhöht das Risiko, dass sie tödlichen Krankheiten wie Masern und Polio ausgesetzt sind.
«Kinder laufen Gefahr, zu sterben oder körperliche und entwicklungsbedingte Schäden zu erleiden, wenn sie keinen Zugang zu Nahrungsmitteln und Ernährungshilfe erhalten», betont Emmanuel Isch, World Vision Sudan Country Director. «Ohne Frieden wird die Bereitstellung von Nahrungsmittel- und Ernährungshilfe für extrem gefährdete Mädchen und Buben und ihre Gemeinschaften sehr viel schwieriger.»
«Die Kinder sind die Hauptleidtragenden des Konflikts im Sudan», sagt Mandeep O'Brien, UNICEF-Vertreter im Sudan. «Sie sterben und ihre Zukunft wird ihnen genommen. Wenn gefährdete Kinder nicht in den Genuss von Gesundheits-, Schutz- und Bildungsdiensten kommen, hat dies lebenslange Auswirkungen. Die Kämpfe müssen aufhören, damit wir dringend alle gefährdeten Kinder besser erreichen können.»
Bereits vor dem Ausbruch des aktuellen Konflikts war die humanitäre Lage im Sudan dramatisch: Etwa 15,8 Millionen Menschen benötigten humanitäre Hilfe, darunter mehr als 8,5 Millionen Kinder. Der Sudan hat eine der höchsten Mangelernährungsraten bei Kindern weltweit. Die anhaltenden Konflikte haben die lebensrettende Behandlung von schätzungsweise 50 000 akut mangelernährten Kindern unterbrochen. Wenn sie nicht bald die notwendige Behandlung erhalten, könnten viele von ihnen mit dem Leben bezahlen.
«Schon vor der aktuellen Krise gingen sieben Millionen Kinder im Sudan nicht zur Schule und 2,7 Millionen Kinder waren mangelernährt», sagt Arshad Malik, Landesdirektor von Save the Children im Sudan. «Das Ausmass der Schäden an Gesundheitseinrichtungen und Schulen ist noch unbekannt. Wir müssen dringend sicherstellen, dass alle Kinder Zugang zu Nahrung, Wasser und medizinischer Versorgung haben - ihr Leben ist in Gefahr.»
Die Schliessung von Schulen hat Millionen von Kindern aus ihren Klassenzimmern vertrieben, die Folgen sind fatal: Jedes dritte Mädchen und jeder vierte Bub können nicht am Schulunterricht teilhaben. Die Kinder hatten bereits vor Ausbruch der Konflikte mit einer schlechten Bildungsqualität zu kämpfen. Etwa 70 Prozent der Zehnjährigen können nicht lesen.
Die drei Organisationen sind zutiefst besorgt über die Auswirkungen der anhaltenden Ausschreitungen auf das Leben der Kinder und rufen alle Konfliktparteien und die internationale Gemeinschaft dringend dazu auf, mehr für den Schutz der Kinder im Sudan zu tun. Sie fordern:
- Die Aufrechterhaltung und Einhaltung des Waffenstillstands und Sicherstellung, dass die humanitäre Unterstützung wieder aufgenommen werden kann. Aufgrund der weit verbreiteten Gewalt und der Unsicherheit sind die humanitären Hilfestellungen in vielen Staaten unterbrochen worden. Unter anderem wurde in Einrichtungen von World Vision, UNICEF und Save the Children eingebrochen und Hilfsgüter gestohlen. Alle Konfliktparteien sollten die Sicherheit der humanitären Helfer gewährleisten und es ihnen ermöglichen, Kinder und ihre Familien mit dringenden Gesundheits-, Ernährungs-, Schutz- und Bildungsleistungen zu erreichen, ohne Gewalt oder Behinderungen befürchten zu müssen.
- Alle Konfliktparteien sollten sich für den Frieden für Kinder im Sudan einsetzen und die Schulen wieder öffnen. Schulen sind nicht nur Lernorte für Kinder, sondern auch sichere Orte, die sie vor Missbrauch und Ausbeutung schützen, einschliesslich der Rekrutierung durch bewaffnete Gruppen. Mit jedem Tag, den die Kinder der Schule fernbleiben, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass sie zurückkehren, insbesondere bei Mädchen. Die Lernkrise im Sudan entwickelt sich zu einer Generationenkatastrophe und erfordert dringende Massnahmen.
- Alle Parteien sollten Kinder schützen und die Rekrutierung und den Einsatz von Kindern verhindern. Die Rekrutierung und der Einsatz von Kindern durch bewaffnete Kräfte und Gruppen führt zu schweren, lang anhaltenden physischen und psychologischen