Zwangsehen im Kindesalter oder demütigende Initiationsriten sind in Malawi nach wie vor verbreitet. Eine neue Studie, die unter Beteiligung der Universität Zürich und mit finanzieller Unterstützung von UNICEF Schweiz und Liechtenstein entstand, soll dabei helfen, ein Umdenken in der Gesellschaft herbeizuführen.
Soziale Normen und Traditionen haben oft mehr Gewicht als die Erkenntnis, dass gewisse Gewohnheiten grossen Schaden anrichten. Diese Tatsache veranlasste UNICEF Malawi dazu, gemeinsam mit dem statistischen Amt des Landes und den Universitäten von Malawi und Zürich eine Studie durchzuführen. Untersucht wurden die Verbreitung und die Gründe für zwei Bräuche, die sich in Malawi hartnäckig halten: Frühehen und Initiationsriten zur Aufnahme in die Gesellschaft der Erwachsenen.
UNICEF Schweiz und Liechtenstein unterstützte die Studie finanziell, weshalb Geschäftsleiterin Bettina Junker diese Woche zur Präsentation der Ergebnisse nach Malawi reiste. Der Bericht «Traditional Practices in Malawi» zeigt auf, wie überlieferte Bräuche in Malawi die Rechte und das Wohlergehen insbesondere von Mädchen gefährden: 42 Prozent der befragten Frauen gaben an, vor ihrem 18. Geburtstag verheiratet worden zu sein, während 39 Prozent teilweise unmenschlichen Initiationsriten unterzogen wurden. Auch 6 Prozent der Männer waren allerdings zum Zeitpunkt ihrer Eheschliessung noch nicht volljährig, und 25 Prozent nahmen an Initiationsriten teil, wobei diese für junge Männer selten eine sexuelle Ausrichtung haben.
Mädchen leiden meistens auch unter schwerwiegenderen Folgen. Rituale wie «sexuelle Reinigungen» beschädigen ihr Selbstwertgefühl oft für immer. Nach einer viel zu frühen Heirat werden sie schwanger, obschon sie selber noch Kinder sind, und verlassen die Schule. All das verbaut den Mädchen die Chance, der weit verbreiteten Armut zu entkommen und ein selbstbestimmtes Leben zu führen.
Die umfangreiche und detaillierte Studie hilft dabei, Anknüpfungspunkte zu finden, um das Verhalten der Gesellschaft dauerhaft zu verändern. Denn soziale Normen sind wandelbar. Mit den Zielen für nachhaltige Entwicklung hat sich die Weltgemeinschaft unter anderem vorgenommen, bis zum Jahr 2030 Früh- und Zwangsehen zu überwinden. Davon sind wir leider noch weit entfernt – auch in der Schweiz: Bettina Junker erinnerte in Malawi daran, dass auch hierzulande jedes Jahr zahlreiche Ehen von Minderjährigen erkannt werden.