In jedem Krieg sind es die Kinder, die zuerst und am meisten leiden. Kindheit braucht Frieden – sei es in Israel, Palästina, im Libanon oder weltweit. Dafür setzt sich UNICEF mit aller Kraft ein. Nach einem Jahr der Eskalation im Nahen Osten fordert UNICEF nach wie vor den sofortigen Waffenstillstand, die Freilassung der israelischen Geiseln und ein Ende der Gewalt auf allen Seiten.
Die Situation
Seit den verheerenden Terrorangriffen der Hamas auf Israel am 07. Oktober 2023 zahlen alle betroffenen Kinder den höchsten Preis für die andauernde Gewalt, obwohl sie keinerlei Verantwortung dafür tragen. Eine neue Stufe der Eskalation im Nahen Osten trifft nun auch die Zivilbevölkerung im Libanon hart. Angriffe und Luftschläge zwangen bereits eine Million Menschen – darunter 300 000 Kinder – ihre Häuser zu verlassen. Die Zahl der Vertriebenen und zivilen Opfer steigt täglich.
Auch im Gazastreifen bleibt die Situation weiterhin prekär. Hunderttausende Familien mussten ihr Zuhause verlassen und sind nun intern Vertriebene – den Gazastreifen verlassen können sie nicht, die Grenzübergänge sind geschlossen. Auf einer Fläche von rund 47 Quadratkilometern suchen sie Schutz und fürchten um ihr Leben.
Mindestens 25 Jahre lang gab es im Gazastreifen keine Fälle von Polio (Kinderlähmung). Im Juli wurde das Virus in Abwasserproben nachgewiesen. Die hochansteckende Infektionskrankheit kann insbesondere für Kinder lebensgefährliche Folgen haben. Bislang wurde ein Fall bei einem elf Monate alten Baby bestätigt – das Risiko einer weiteren Ansteckung ist hoch. Wenn nicht schnell gehandelt wird, könnte dies nicht nur verheerende Auswirkungen auf die Region haben, sondern ebenso die weltweiten Bemühungen der Ausrottung von Kinderlähmung um Jahrzehnte zurückwerfen.
Deshalb starteten UNICEF und lokale Partner am 1. September 2024 eine Impfkampagne, um Kinder gegen Polio zu schützen. Die erste Phase erreichte über 189 000 Mädchen und Buben unter zehn Jahren – dafür wurde eine Feuerpause vereinbart. Diese muss fortgesetzt werden. Denn jedes Kind braucht zwei Impfrunden, um vor dem Virus geschützt zu sein. Nur bei einer Durchimpfungsrate von mindestens 90 Prozent, kann die Ausbreitung des Virus im Gazastreifen aber auch weltweit verhindert werden.
«Was die Mädchen und Buben wirklich benötigen, sind Frieden und Sicherheit, die Möglichkeit, ein Leben in Würde und ohne Angst und Entbehrungen zu führen. Dies erfordert eine Deeskalation der Gewalt, eine dauerhafte politische Lösung und das Versprechen auf eine bessere Zukunft.»
Die Versorgungslage der Kinder in Gaza ist weiterhin katastrophal. Seit April 2024 passieren lediglich 56 Prozent der ursprünglichen Hilfsgüter die Grenze. Den Betroffenen fehlt es aufgrund der Unterbrechung aller Versorgungswege nicht nur an lebenswichtigen Nahrungsmitteln, sondern ebenso an sauberem Trinkwasser und Strom.
Nach einem Jahr Konflikt sind die Schäden im Gazastreifen enorm. Zahlreiche Häuser liegen in Trümmern. Die Luftangriffe und Bombardierungen im Konfliktgebiet haben wichtige Infrastruktur wie Spitäler und Schulen zerstört. Verletzte Kinder können kaum versorgt werden. Medizinische Einrichtungen sind überlastet, es gibt keinen Treibstoff für die Notstrom-Generatoren und es fehlen Medikamente.
Lernen Sie Shaima, 5, aus dem Gazastreifen kennen:
«Wir waren zu fünft daheim. Ich spielte mit meinen Geschwistern ein Kartenspiel. Mein Vater machte draussen gerade ein Feuer und meine Mutter wollte uns Pasta kochen. Plötzlich wurde unser Nachbarshaus bombardiert und ein brennendes Eisenstück fiel auf mich. Ich schaute runter auf meine Hand, aber sie war am Ellbogen abgeschnitten. Mein Vater hielt ein Auto auf der Strasse an, um mich ins Spital zu bringen. Aber unterwegs fielen Bomben auf die Strasse und ich verlor mein Bein. Ich wünschte, ich könnte meine Hand und mein Bein zurückhaben, um wieder mit anderen Kindern spielen zu können.» So erzählt die fünfjährige Shaima aus Gaza-Stadt, wie sie die schrecklichsten Stunden ihres noch kurzen Lebens erlebt hat. Jetzt will sie Journalistin werden, um später über die Angriffe auf Kinder im Gazastreifen berichten zu können.
Aktuell erreichen uns viele Fragen zur Situation der Kinder im Nahen Osten und zu unserer Arbeit vor Ort. Hier finden Sie die Antworten:
UNICEF verurteilt die Gewalt aufs Schärfste und setzt sich für den Schutz aller Kinder ein. UNICEF appelliert an alle Parteien zur Einhaltung des humanitären Völkerrechts und fordert daher:
- Einen sofortigen Waffenstillstand und ein Ende der Gewalt;
- Die sofortige bedingungslose Freilassung aller Geiseln;
- Die Öffnung aller Grenzübergänge zum Gazastreifen für einen sicheren, dauerhaften und ungehinderten Zugang für humanitärer Hilfe, einschliesslich Wasser, Nahrungsmitteln, medizinischer Versorgung und Treibstoff;
- Achtung und Schutz der zivilen Infrastruktur wie Wohnhäuser, Gesundheits-, Strom-, Wasser- und Sanitäreinrichtungen;
- Die medizinische Versorgung zu sichern, um den Ausbruch von Krankheiten zu verhindern und die Versorgung von Kranken und Verwundeten zu gewährleisten;
- In dringenden medizinischen Fällen die Ausreise aus dem Gazastreifen oder die wichtige Gesundheitsversorgung vor Ort zu ermöglichen.
Im Gazastreifen und im Westjordanland waren vor der erneuten Gewalteskalation im Oktober 2023 rund 2,1 Millionen Menschen, darunter 1,1 Millionen Kinder auf humanitäre Hilfe angewiesen. UNICEF ist bereits seit vielen Jahren in ganz Palästina tätig und setzt sich für den Zugang zu Dienstleistungen und Schutz für alle Kinder ein.
Auch in der gegenwärtigen Krise reagieren die UNICEF-Mitarbeitenden auf die dringenden Bedürfnisse der Kinder im gesamten Gazastreifen, aber der Zugang ist sehr gefährlich und voller Herausforderungen. UNICEF-Mitarbeitende arbeiten in den für sie zugänglichen Gebieten des Gazastreifens, um weiterhin Kinder in Not mit humanitärer Hilfe zu erreichen, z.B. mit sauberem Trinkwasser, medizinischer Versorgung und psychosozialer Unterstützung.
UNICEF ist seit dem Jahr 2009 über den «Israelischen Fonds» für UNICEF in Israel aktiv. Dabei handelt es sich um ein sogenanntes Nationales Komitee für UNICEF, vergleichbar mit dem Komitee für UNICEF Schweiz und Liechtenstein. In Ländern mit hohem Einkommen, wie zum Beispiel in Israel, der Schweiz oder in Liechtenstein, nimmt der Staat selbst die programmatischen Aufgaben wahr, die UNICEF in Ländern mit niedrigerem Einkommen übernimmt oder unterstützt. Solche Staaten mandatieren UNICEF also nicht, Programme für Kinder zu entwickeln und umzusetzen. Der Fokus der Arbeit der Nationalen Komitees liegt auf dem Sammeln von Mitteln und auf der Begleitung der Umsetzung der Kinderrechtskonvention auf einer politischen, aber nicht programmatischen Ebene. Aus diesem Grund gibt es keinen UNICEF Sammelaufruf für die Kinder, die in Israel leben.
So helfen Sie mit Ihrer Spende
Seit Ausbruch der schrecklichen Gewalt ist UNICEF im Gazastreifen und arbeitet – trotz der schwierigen Lage – rund um die Uhr, um Kinder und ihre Familien zu erreichen und dringend benötigte humanitäre Hilfe zu leisten. Wir versorgen Kinder und Familien im Gazastreifen mit:
- Ernährung: Verteilung von Nahrungsmitteln und Versorgung mit Spezialnahrung
- Gesundheit: medizinische Versorgung, Verteilung von Medikamenten und Durchführung von Impfkampagnen
- Trinkwasser und Hygiene: Bereitstellung von sauberem Trinkwasser, von sanitären Anlagen und von Hygieneartikeln
- Kinderschutz: Errichten von kinderfreundlichen Zonen und psychosoziale Betreuung
Im Libanon ist UNICEF seit mehr als 76 Jahren im Einsatz. Angesichts der aktuellen Eskalation verstärken wir unsere Hilfsmassnahmen weiter. Der Fokus liegt auf der Bereitstellung und Lieferung von Nahrungsmitteln, Wasser und lebenswichtigen Hilfsgütern wie Matratzen und Hygienesets für die vertriebenen Familien – insbesondere für jene in Sammelunterkünften.
Bereits 100 Tonnen medizinischer Hilfsgüter konnten beschafft und an medizinische Einrichtungen geliefert werden, die unter erheblichen Engpässen leiden.
Kindheit braucht Frieden. UNICEF steht an der Seite der betroffenen Kinder und ihren Familien. Wir geben nie auf. Für jedes Kind. Wir danken Ihnen von Herzen für Ihre Unterstützung.