Heute hat UNICEF Schweiz und Liechtenstein den Umfragebericht «Kinder von heute im Raum von morgen» veröffentlicht, den UNICEF in Zusammenarbeit mit der Paul Schiller Stiftung erstellt hat. Darin wurde untersucht, ob und wie Kinder und Jugendliche in Planungsverfahren und bei Objektplanungen Einfluss nehmen können und wie diese Mitwirkung von Fachleuten beurteilt wird.
Umfragebericht: «Kinder von heute im Raum von morgen»
Die Partnerschaft zwischen UNICEF Schweiz und Liechtenstein und der Paul Schiller Stiftung bezweckt insbesondere in Siedlungsgebieten bedürfnisgerechte, kinderfreundliche Lebensräume zu erhalten und zu schaffen. Ein besonderes Augenmerk richtet sich darauf, die Anliegen von Kindern und Jugendlichen auch bei Planung und Realisierung von Freiräumen und Bauobjekten adäquat zu berücksichtigen. Um eine bessere Datengrundlage zu schaffen, hat das verantwortliche «Fachteam kinderfreundliche Lebensräume» bei Experten aus der kommunalen, kantonalen und privatwirtschaftlichen Raum-, Verkehrs- und Bauplanung, Architektur, Innenarchitektur und Landschaftsarchitektur eine Umfrage durchgeführt. Der heute veröffentlichte Bericht «Kinder von heute im Raum von morgen» befasst sich mit der Frage, inwiefern Kinder und Jugendliche bereits heute in Planungsverfahren und bei Objektplanungen involviert sind, und wie die Mitwirkung von den Fachleuchten erlebt und beurteilt wird.
Kinder sind überall – nicht nur auf dem Schulgelände oder im Jugendtreff
Die Umfrageergebnisse zeichnen ein klares Bild: Die Partizipation von Kindern und Jugendlichen bei Planungsverfahren und Objektplanungen steht in der Schweiz noch ganz am Anfang. Auch wenn ihr Einbezug noch weitgehend zurückhaltend erfolgt, stufen drei Viertel der Befragten mit entsprechender Mitwirkungserfahrung von Kindern und Jugendlichen diese als gut bis sehr gut ein. Am häufigsten waren Kinder und Jugendliche in Prozesse involviert, zu denen sie einen unmittelbaren Bezug hatten, also bei Bauten, wo sie sich häufig aufhalten oder die gar zu ihrem Zweck erstellt worden waren: Schulhäuser, Spielplätze, öffentliche Parkanlagen. Viele Befragte gaben an, dass sie – unabhängig davon, ob sie bereits praktische Erfahrung mit der Partizipation von Kindern und Jugendlichen gemacht hatten – eine Mitwirkung vor allem bei der Bedarfsanalyse am sinnvollsten erachten würden. Der Einbezug von Kindern und Jugendlichen in einer frühen Planungsphase stellt sicher, dass ihre Bedürfnisse bei der Konzipierung und Umsetzung bestmöglich berücksichtigt werden können. Als Herausforderung sehen die Fachleute aber auch, dass der Einbezug von Kindern und Jugendlichen nicht zu erfüllende Hoffnungen weckt. Das Know-how, wie Mitwirkungsverfahren mit Kindern und Jugendlichen gewinnbringend durchgeführt werden, sollte daher in den betreffenden Berufsgruppen als Teil der Ausbildung in die entsprechenden Lehr- und Studiengänge aufgenommen werden. So eine Empfehlung des Berichtes.
Einen häufigen Grund für das fehlende Mitwirken sahen die Befragten darin, dass sie «bisher keine Planungs- und Bauprojekte durchgeführt haben, die Kinder und Jugendliche betreffen». Diese Aussage überrascht Katherine Haller, Leiterin Public Affairs von UNICEF Schweiz und Liechtenstein: «Kinder und Jugendliche sind überall – nicht nur auf dem Schulgelände, Spielplatz oder Jugendtreff.» Sondern sie seien überall im öffentlichen Raum und in Wohnsiedlungen unterwegs. Weiter führt Katherine Haller aus: «Wir müssen uns stärker bewusst sein, dass die gesamte Raum- und Bauplanung einen grossen Einfluss auf die Entfaltungsmöglichkeiten der Kinder und Jugendlichen hat.»
Fehlender Auftrag zur Mitwirkung
Der häufigste Grund, weshalb bisher nur wenige Kinder und Jugendliche in Bau- und Planungsprozesse miteinbezogen werden, liegt gemäss der Umfrage im Fehlen eines klaren Auftrags von Seiten der Bauträgerschaft, Kinder und Jugendliche bei der Planung miteinzubeziehen. Dies, obwohl die UN-Kinderrechtskonvention, die für alle staatlichen Behörden und Verwaltungsebenen der Vertragsstaaten verbindlich ist, unmissverständlich die Mitwirkung von Kindern und Jugendlichen bei allen Belangen, die sie betreffen, fordert. Auch das Bundesgesetz über die Raumplanung verpflichtet grundsätzlich die Behörden, dass die Bevölkerung – und damit auch Kinder und Jugendliche als Teil davon – in die Lage versetzt wird, bei Planungen in geeigneter Weise mitzuwirken. Dazu meint Katherine Haller von UNICEF: «Kinder und Jugendliche haben eigene Meinungen, Wünsche und Bedürfnisse. Wir sollten sie vermehrt am gesellschaftlichen Geschehen beteiligen und ihnen zeigen, dass auch ihre Anliegen gehört werden. Denn sie sind Expertinnen und Experten ihrer eigenen Lebensräume.» Als Handlungsempfehlung fordert der Bericht weiter, auf allen Verwaltungsebenen entsprechende Regelungen zu treffen – sei es in Leitbildern, Richtplänen, Baureglementen oder Bewilligungsverfahren. Doch auch weitere Akteure wie etwa Architekten, Baugenossenschaften, Investoren oder gar Berufsverbände träfe eine Mitverantwortung, die Kinderrechtskonvention umzusetzen. Es müsse ein gesellschaftlicher Diskurs stattfinden, und hierzu brauche es Sensibilisierungsarbeit und Information, kommen die Verfasser des Berichts zum Schluss.
Weiteres zum Thema:
Tagung «Kinderfreundliche Räume sind mehr als Lebensräume für kleine Menschen»
Montag, 29. Oktober, 9:00 Uhr bis 16.45 Uhr
Seminar- und Konferenzhotel Arte, Riggenbachstrasse 10, 4600 Olten
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